Was Eltern tun können
Haltungsschwächen beim Kind sind leicht zu erkennen

Mit kritischem Blick können Eltern durchaus feststellen, ob ihr Kind eine Haltungsschwäche aufweist. Dabei sollten sie sich in etwa drei Metern Abstand genau hinter dem ruhig stehenden und möglichst unbekleideten Kind befinden. Dessen Füße müssen etwa hüftbreit auseinander stehen, die Arme locker herabhängen, und das Kind muss entspannt nach vorne schauen. Zunächst betrachtet man die Pofalte; sie steht normalerweise genau senkrecht. Kippt aufgrund verschieden langer Beine das Becken zu einer Seite hin, dann steht auch die Pofalte schief.

Einen zweiten Hinweis liefern die Kniekehlen, die eigentlich auf gleicher Höhe stehen sollen. Eine einseitig tiefer liegende Kniekehle deutet auf ein verkürztes Bein hin. Ist der Rumpf wegen eines schief stehenden Beckens (Beckenschiefstand) verkrümmt, ist das an den Taillen-Dreiecken zu erkennen. Es handelt sich um die Leerräume zwischen den herabhängenden Armen und dem Körper. Auf der Seite des längeren Beines liegt der Arm dichter am Körper an, das Taillen-Dreieck ist kleiner. Stellen Eltern solche Asymmetrien fest, sollten sie einen Arzt zu Rate ziehen.

Wir zeigen Ihnen einige Bilder mit typischen Haltungsschwächen, die im Kindes- und Jugendalter auftreten können. Bitte bedenken Sie immer: haltungsschwache Kinder sind nicht krank – vielmehr haben sie Schwächen in der Kraft, Dehnbarkeit und im Körpergefühl, die auftrainiert werden müssen. Je nach Schweregrad der Haltungsschwäche kann diese durch Physiotherapeuten oder durch Üben zuhause geschehen.


 

Foto 1: Verschieden große Taillendreiecke deuten auf ein schief stehendes Becken hin. Als Taillendreiecke bezeichnet man die Leerräume zwischen den herabhängenden Armen und dem Körper. Ursache des Beckenschiefstandes können unterschiedlich lange Beine sein. Auf der Seite des längeren Beines ist das Taillendreieck größer. Auf dem Foto links ist das rechte Bein des Jugendlichen (links im Bild) kürzer. Man erkennt, anhand der waagerechten Laserlinie, dass sein Becken zu seiner rechten Seite hin abkippt.

 

 

Foto 2: Auch von hinten betrachtet fällt auf, dass das zu kurze rechte Bein das Becken absinken lässt. Die Taillendreiecke sind deutlich verschieden. Im vorliegenden Fall ist deutlich zu erkennen, dass die Wirbelsäule versucht, diesen Schiefstand auszugleichen. Sie krümmt sich um die senkrechte Lotlinie. Der Arzt spricht von einer Skoliose.

 

 

Foto 3: Danach sollten die Schulterblätter unter die Lupe genommen werden. Im Normalfall dürfen sie leicht abstehen. Das Kind muss aber in der Lage sein, sie durch Muskelspannung an den Körper zu pressen. Stark abstehende Schulterblätter nennt der Fachmann auch „Scapulae alatae" („Engelsflügel"). Sie sind ein Hinweis auf eine schwache Muskulatur im Bereich des oberen Rückens.

 

 

Foto 4: Nun sollte das Kind von der Seite inspiziert werden. Bei einer guten Haltung stehen die Außenknöchel, das Hüftgelenk, das Schultergelenk und das Ohr fast senkrecht übereinander. Hat ein Kind eine schlechte Körperspannung, so verlagert sich der Oberkörper deutlich nach vorne. In einem solchen Fall ist nicht nur Gleichgewichts- und Koordinationstraining angesagt, sondern auch eine Kräftigung und Dehnung der Rumpfmuskulatur.

 

 

Foto 5: Ein Hohlkreuz ist für den Laien deutlich schlechter zu beurteilen. Bei Kleinkindern und Vorschulkindern sinkt das Becken stets nach vorne ab. Das ist aber normal. Denn das dabei entstehende Hohlkreuz ist entwicklungsbedingt und in der Regel nicht besorgniserregend. Ab dem Alter von zehn Jahren sollten aber Becken und Hüfte stabil gehalten werden. Eine übermäßige Krümmung der Lendenwirbelsäule bildet dann ein so genanntes Hohlkreuz aus. In diesem Fall muss sehr differenziert vorgegangen werden. Neben dem Training der Bauchmuskeln und Dehnübungen für die Hüftbeugemuskulatur - sie verbindet das Becken mit den vorderen oberen Oberschenkeln - ist nun auch ein gezieltes Training des Körpergefühls gefragt. Oft helfen hier Übungen, bei denen sich das Kind im Spiegel beobachten kann. In vielen Fällen sollten diese zunächst gemeinsam mit einem Krankengymnasten erarbeitet werden.

 

 

Foto 6: Hohlkreuz: Bei älteren Kindern und Jugendlichen ist das Hohlkreuz eine Haltungsschwäche und deutet auf eine schwache und schlecht gedehnte Muskulatur hin. Durch die starke Wölbung der Lendenwirbelsäule ist nicht nur ihre Funktion als natürlicher Stoßdämpfer eingeschränkt, auch der Druck auf die Bandscheiben ist sehr ungleich.

 

 

Foto 7: Parallel dazu sollten Eltern auch grob die Beweglichkeit ihrer Kinder unter die Lupe nehmen. Schafft es das Kind, bei durchgestreckten Knien mit den Fingerspitzen die Zehen zu berühren? Oft verhindert ein starkes Ziehen im rückseitigen Oberschenkel oder in der Kniekehle diese Bewegung. Dann ist die Muskulatur der Oberschenkelrückseite verkürzt und muss gedehnt werden.

 

 

Foto 8: Um die Kraft der Rumpfmuskulatur zu überprüfen, bedienen sich Ärzte des „Matthiass-Testes". Dabei steht das Kind mindestens 30 Sekunden, höchstens eine Minute lang bis mit waagerecht nach vorne gestreckten Armen. Im optimalen Fall bleiben die Arme im rechten Winkel, und der Oberkörper steht genau senkrecht. Bei schwachen Haltemuskeln beginnt das Kind, den Oberkörper nach hinten zu verlagern oder zu verkrümmen. Oder aber die Arme werden stark angehoben. Beides sind „Tricks", um den Körperschwerpunkt so zu verlagern, dass es einfacher fällt, den Rumpf trotz der zu schwachen Muskulatur zu halten. Auf dem linken Bild sieht man deutlich, wie stark das Kind seinen Oberkörper nach hinten verlagern muss, um das Gleichgewicht zu halten. In diesem Fall ist Training der Rumpfmuskulatur angesagt.

 

 

Foto 9: Dieses Bild zeigt in der Übersicht die häufigsten Haltungsfehler, die zusammen auftreten: 1: das vorgekippte Becken, das zu einem Hohlkreuz (2) führt. 3: die abstehenden Schulterblätter und die durch Muskelverkürzung nach vorne stehenden Schultern (4). 5: Die vor dem Knöchel-Lot stehende Kopf-Schulter-Partie.

 

 

 

 

 

 


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