Behutsames Training für starke Kinder

Sportwissenschaftler beweisen: Schon vor der Pubertät ist Krafttraining unbedingt empfehlenswert – Studie mit 178 Mädchen und Jungen

Eine Studie der Universität Bayreuth belegt, wie wirksam ein Krafttraining im Fitness-Studio bereits bei Kindern ist. An der Untersuchung der beiden Sportwissenschaftler Knut Reuter und Wolfgang Buskies beteiligten sich in den beiden vergangenen Jahren freiwillig 178 Schülerinnen und Schüler des Bodensee-Gymnasiums in Lindau.
picture

Ein regelmäßiges Krafttraining für Kinder unter fachlicher Anleitung ist empfehlenswert. Die Mädchen und Jungen gewinnen deutlich an Kraft hinzu, und auch die Kraftausdauer verbessert sich.

Rund die Hälfte der Kinder besuchte die sechste Klasse und war im Durchschnitt zwölf Jahre alt, die anderen Jugendlichen gingen in die neunte Klasse. Hier lag der Altersdurchschnitt bei 15 Jahren. „Uns war wichtig, sowohl Kinder vor als auch Kinder während der Pubertät trainieren zu können“, erläutert Knut Reuter. Die Trainings-Ergebnisse, die bereits vorliegen, stammen von 108 Schülern beider Jahrgangstufen. Bei einem Eingangstest zu Beginn der Studie ermittelten die Wissenschaftler an vier Geräten zunächst die maximale Kraftleistung der Kinder und Jugendlichen. Es wurde an jedem der Geräte für jedes Kind das Gewicht gesucht, das es gerade ein einziges Mal schaffte. Für ihre Studie hatten die Bayreuther Experten folgende Übungen ausgewählt: Bankdrücken in aufrechter Sitzposition nach vorn, Gewichtziehen zum Nacken mit weitem Ristgriff, Crunch an der Bauchmuskel-Maschine und Beinpressen in Rückenlage. Danach absolvierten die Teilnehmer zehn Wochen lang ein Krafttraining mit jeweils zwei Trainingseinheiten pro Woche. Dabei nutzten die Kinder dieselben Geräte wie beim Test. Zusätzlich wurden aber noch Schultern, Arme und Beine an vier weiteren Maschinen gekräftigt.

picture

Ältere Kinder können auch an Kraftmaschinen trainieren, wenn diese sich auf ihre Körpergröße einstellen lassen.

Jeweils drei Durchgänge pro Gerät standen in jeder Stunde auf dem Programm. Neu ist die Trainingsmethode, die die Sportwissenschaftler anwendeten, das so genannte sanfte Krafttraining. Den Kindern wurde weder vorgegeben, mit welchen Gewichten sie arbeiten sollten, noch die Anzahl der Wiederholungen, die sie pro Satz schaffen müssten. Es gab lediglich Richtwerte: Bei einem Kraftausdauer-Test war an jedem Gerät das Gewicht ermittelt worden, das ein Kind rund 20-mal in Folge schaffte. Mit diesem Gewicht wurde dann trainiert. „Allerdings konnten die Kinder die Serie abbrechen, sobald sie das Empfinden hatten, die Belastung wechsele von mittel zu schwer“, erläutert Knut Reuter. In der Regel hielten die jungen Sportler nach 15 Wiederholungen inne. Wolfgang Buskies definiert noch genauer: „Beim sanften Krafttraining bricht der Sportler die einzelne Serie ab, sobald er die Belastung selbst als hoch empfindet. Das ist deutlich früher, als er die letztmögliche Wiederholung erreicht beziehungsweise die Muskulatur erschöpft ist.“ Die Ergebnisse der Studie lassen aufhorchen. Sowohl die jüngeren als auch die älteren Schüler hatten nach dem zehnwöchigen Training deutlich mehr Kraft. Im Durchschnitt steigerten die Zwölfjährigen ihre Maximalkraft um 31,3 Prozent, die 15-Jährigen erreichten Zuwächse von 19,9 Prozent. So hatten beispielsweise die zwölf Jahre alten Mädchen und Jungen beim Eingangstest im Durchschnitt 28,4 Kilogramm beim Bankdrücken im Sitzen geschafft. Beim Abschlusstest lag dieses Gewicht bei durchschnittlich 42,2 Kilogramm. Auch die Kraftausdauer, das Vermögen, ein mittleres Gewicht in Serie 20- bis 25-mal zu bewältigen, hat sich bei allen Teilnehmern enorm verbessert. So überflügelten die Kinder der sechsten Klasse ihren Eingangswert beim Beinpressen um sagenhafte 146 Prozent. Während des Trainings gelang es den Schülern immer besser, ihre gestiegene Leistungsfähigkeit zu erkennen und die Gewichte entsprechend zu erhöhen. Im Durchschnitt arbeiteten die Kinder in einem Bereich, der zwei Drittel ihrer maximalen Kraft beanspruchte. Knut Reuter und Wolfgang Buskies haben auch überprüft, wie sich das Körpergewicht und der Körperfettanteil der Schüler während des Untersuchungszeitraums veränderten. Es hat sich gezeigt, dass die Werte nahezu gleich geblieben sind. Etwas mehr als drei Monate Training reichten offenbar nicht aus, um in markantem Maße Fett- durch Muskelgewebe zu ersetzen. Um zu dokumentieren, wie sich Schüler körperlich entwickeln, die kein gezieltes Krafttraining betrieben, untersuchten die Sportwissenschaftler regelmäßig eine weitere Gruppe von zwölf und 15 Jahre alten Schülern aus denselben Klassen. Wie zu erwarten war, konnten in dieser Kontrollgruppe kein Zuwachs an Kraft und keine Verbesserung der Kraftausdauer gemessen werden.