Laufen ohne Leiden

Auch junge Läufer sollten regelmäßig ihre Muskulatur trainieren

Kinder und Jugendliche, die Sportarten betreiben, bei denen längere Strecken gelaufen werden müssen (zum Beispiel Fußball, Handball, Leichtathletik, Tennis), fallen nach anstrengendem Wettkampf oft durch ihren nach vorn gebeugtem Oberkörper auf.
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Der Laufstil von Jugendlichen verbessert sich in allen Sportarten deutlich, wenn die jungen Sportler regelmäßig auch ein Krafttraining absolvieren.


Die jungen Sportler sind allerdings nicht völlig außer Atem, vielmehr hat ihre Muskulatur schlapp gemacht. Und zwar nicht einmal in erster Linie und ausschließlich die Fuß- und Beinmuskeln, sondern auch die Bauch- und Rückenmuskeln und sogar die Arm- und Nackenmuskeln. Dass sich durch die Ermüdung der Rumpf- und Oberkörper-Muskulatur der Laufstil sichtlich verschlechtert, ist den wenigsten bekannt und betrifft viele Sportarten: vom Fußball über Tennis und Skifahren bis zum Skaten und Joggen.

Die meisten Läufer setzen in der Regel mit der Ferse oder mit dem ganzen Fuß auf und drücken sich schließlich über den großen Zeh wieder vom Boden ab. Die Wadenmuskulatur wird beim Laufen immer mehr beansprucht als die Schienbeinmuskulatur. Das heißt, bei längerer Beanspruchung ermüden die (untrainierten) Schienbeinmuskeln eher. Die Spannung der Muskeln am Fuß lässt nach, der Läufer verspürt eventuell Muskel-Schmerzen an der Schienbein-Kante. „Das kann man verhindern, indem man zusätzlich zum Laufen ein gezieltes Krafttraining für die beanspruchten Muskeln macht“, erläutert der Sportwissenschaftler Dr. Michael Fröhlich von der Universität des Saarlandes.

Das muskuläre Ungleichgewicht bleibt in der Regel nicht auf den Unterschenkel beschränkt. Auch der Oberschenkel kann davon betroffen sein, weil alle Beinmuskeln miteinander verbunden sind. So bildet einerseits die Wadenmuskulatur mit der Muskulatur der Oberschenkel-Vorderseite eine so genannte Muskel-Schlinge, andererseits die Schienbeinmuskulatur mit den Muskeln der Oberschenkelrückseite. Ebenso wie die Muskeln der Waden werden die Muskeln des vorderen Oberschenkels beim Laufen mehr beansprucht als die Schienbeinmuskulatur und die damit verketteten Muskeln der Oberschenkelrückseite. „Deshalb ist auch ein spezielles und ausgleichendes Kraft- und Dehntraining für die Rückseite des Oberschenkels ratsam“, erklärt Michael Fröhlich.

Schwache Muskulatur verschlechtert den Laufstil
Die Praxis zeigt jedoch, dass nur wenige Kinder und Jugendliche, die aktiv Sport treiben, ein zusätzliches und ausgleichendes Krafttraining absolvieren. Ihre Trainer haben vielleicht das alte Argument im Kopf, ein Krafttraining sei kontraproduktiv für Ausdauer und Koordination. Doch Läufer mit einseitiger Muskelschwäche sollten ein Kraftausdauer-Training absolvieren. Dabei werden die Muskeln mit geringen Gewichten, aber vielen Wiederholungen und kürzeren Pausen von zirka 30 bis 60 Sekunden trainiert. Das führt kaum zu Muskelzuwächsen, jedoch zu einer erheblichen Steigerung der Kraft und Kraftausdauer. Das Zusammenspiel von Muskeln und Nerven sowie zwischen verschiedenen Muskeln verbessert sich, wodurch die Muskulatur insgesamt wirksamer arbeiten kann.

Doch nicht nur eine einseitig trainierte Beinmuskulatur kann den Laufstil verschlechtern, sondern in erster Linie eine schwache Rumpfmuskulatur. Zwischen dem Becken und dem vorderen Oberschenkel sitzt ein Muskel, der Hüftbeuger, auch Hüft-Lenden-Muskulatur genannt. Dieser Hüftbeuger hebt unter anderem den Oberschenkel beim Gehen und Laufen. Dadurch wird er bereits im Alltag gut trainiert, nimmt an Masse zu, kann sich jedoch auch verkürzen, wenn man ihn nicht regelmäßig dehnt. Dieser kräftige und verkürzte Muskel zieht das Becken nach unten. Es kommt zur Beckenkippung, wodurch sich der Oberkörper nach vorne neigt. Der Sportler ist nun bemüht, den Oberkörper wieder aufzurichten. Das gelingt ihm nur teilweise: Da er die Beckenkippung nicht ausgleichen kann, bildet sich ein sichtbares Hohlkreuz. Figur und Laufstil wirken dadurch gedrungener. Es wäre die Aufgabe der Bauch-, unteren Rücken- und Gesäßmuskulatur, dem Hüftbeuger Paroli zu bieten. Die Bauchmuskeln müssten das Becken nach oben ziehen, die Rücken- und Gesäßmuskeln müssten es auf der Rückseite in der Waagerechten halten. Das gelingt jedoch nur, wenn sie stark genug sind. An diesem Punkt hapert es bei vielen Kindern und Jugendlichen. In der Regel trainieren sie ihre Rumpfmuskulatur überhaupt nicht. Doch Bauch-, Rücken- und Gesäßmuskeln bilden sozusagen das Widerlager, welches das Becken stabil hält. Kann ein schlaffer Bauch die Beckenkippung nicht verhindern, werden die Oberschenkel beim Laufen noch stärker als ohnehin beansprucht, weil sie mehr Stütz-, Halte- und Dämpfungsarbeit für den Körper übernehmen müssen. Muskelprobleme und ein schlechterer, verkürzter Laufstil sind unvermeidliche Folgen.